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Begründetheit:

Kommt das Gericht zu dem Schluss, dass eine Klage im Wege des Kennzeichenstreits zulässig ist, entscheidet es über die vom Kläger in der Klageschrift dargelegten Gründe zu den gestellten Anträgen. Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich vor allem auf Marken (§ 4 MarkenG), sind aber auch auf Titelschutz- und andere Kennzeichenrechte (§ 5 MarkenG) anzuwenden, sofern sich nicht aus der Tatsache, dass diese nicht eingetragen werden müssen, etwas anderes ergibt.

Für die Begründetheit eines Kennzeichenstreites spielen insbesondere folgende Gesichtspunkte eine Rolle:

  • Identitätsgrad der verwendeten Begriffe
  • absolute Schutzhindernisse
  • Kennzeichnungskraft

  • Bekanntheitsgrad
  • Verwechslungsgefahr
  • Priorität

In einem Verletzungsprozess wird zunächst geprüft, inwieweit die Verwendung eines bestimmten Begriffes bestehende Markenrechte verletzt. Hierbei ist vor allem auf den Grad der Übereinstimmung abzustellen. Es werden der Klang, Aussprache, Schreibweise, Betonung, grafischer Eindruck, eben alle Kriterien untersucht, die bei den konkurrierenden Zeichen ausschlaggebend sind. Zwischen BOUNTY (Schokoriegel) und BOUNTY (Küchenrolle) besteht beispielsweise Zeichenidentität, zwischen TV SPIELFILM und TV MOVIE Zeichenähnlichkeit. Sollten die streitgegenständlichen Kennzeichen aber soweit unterscheidungsfähig sein, dass eine Verwechslung nicht mehr angenommen werden kann, wird eine Markenverletzung bereits an diesem Punkt ausgeschlossen sein (Beisp.: CAMEL und MARLBORO).

Eine Marke darf nach § 8 MarkenG überhaupt nicht eingetragen werden, wenn dieser absolute Schutzhindernisse entgegen stehen. Eine Marke darf danach nicht rein beschreibend für die geschützte Ware sein, keine geografischen Angaben enthalten, nicht nur aus geometrischen Grundformen (Kreis, Quadrat, Dreieck etc.) bestehen, keine Staatswappen oder amtliche Prüfzeichen und Siegel etc. enthalten und sie darf nicht gegen die guten Sitten verstoßen.
Über Vorliegen eines absoluten Schutzhindernisses entscheidet zunächst das Markenamt bei der Beantragung der Marke. Im Verletzungsprozess vor den ordentlichen Gerichten sind diese wegen des Grundsatzes der Gewaltenteilung an die Entscheidung des DPMA gebunden.

Die ordentlichen Gerichte können allerdings bei der Frage des Schutzumfangs einer Marke darauf abstellen, welche Kennzeichnungskraft einer Marke zukommt und dabei auch bestehende Schutzhindernisse berücksichtigt. Die Gerichte prüfen also, ob ein Zeichen eher beschreibend ist und daher eine geringere Kennzeichnungskraft besitzt, oder aber ob ein Zeichen sehr kreativ ist und daher eine sehr hohe Kennzeichnungskraft hat. Es gilt der Grundsatz, je ungewöhnlicher eine Bezeichnung für eine Ware oder Dienstleistung, desto größer die Kennzeichnungskraft. Eine Marke BINGO hätte für den Bereich Spiele (Warenklasse 28) zum Beispiel fast keine Kennzeichnungskraft, wenn überhaupt eine Eintragung vorgenommen werden würde. Die gleiche Bezeichnung z.B. für einen Rasierapparat (Warenklasse 8) wäre hingegen sehr kreativ und damit von großer Kennzeichnungskraft.

Die Kreativität und damit die Kennzeichnungskraft ist zwar unter Umständen zunächst für die Erlangung einer gewissen Bekanntheit sehr hinderlich, denn niemand wird bei Rasierapparaten gleich an Bingo denken, sehr wohl aber bei Spielkarten oder Brettspielen. Durch Werbeanstrengungen des Markeninhabers kann er die Bekanntheit seiner Marke und damit deren Wert aber steigern. Ab einem gewissen Punkt zahlt es sich dann aus, von Anfang an eine kreative Bezeichnung gewählt zu haben, die mit dem Produkt zunächst überhaupt nicht in Verbindung zu bringen ist. So denkt z.B. heute bei TWIXX jeder gleich an Schokoriegel, auch wenn er sich unter dem Wort als solches gar nichts vorstellen kann.
Ist eine Marke besonders bekannt, so spricht man von einer berühmten oder gar von einer notorisch bekannten Marke. Hat eine Marke durch erhebliche Werbeaufwendungen des Markeninhabers diesen Grad der Bekanntheit erreicht, ist jede auch nur ansatzweise ähnliche Marke geeignet, die Rechte des Markeninhabers zu verletzen, weil der Verkehr auch das ähnliche Zeichen mit der notorisch bekannten Marke in Verbindung bringen wird. Eine bekannte Marke wird von der Rechtsprechung angenommen, wenn 20-35% der angesprochenen Verkehrskreise, also der tatsächlichen und potentiellen Kunden, die Marke kennen. Für Notorietät muss die Bekanntheit weit darüber liegen. Dies wird im Rahmen einer Befragung ermittelt, weshalb solche Streitigkeiten aufgrund der damit verbundenen Gutachtenkosten sehr teuer sind.

Je stärker die Kennzeichnungskraft und die Bekanntheit einer Marke ist, desto eher ist für ein ähnliches Zeichen eine Verwechslungsgefahr anzunehmen. Bei dem Beispiel BINGO wäre wohl ein Rasierapparat der Konkurrenz mit Namen RINGO oder auch BUNGO sehr ähnlich und daher geeignet, bei den angesprochenen Verkehrskreisen ein Zusammenhang mit der Marke herzustellen.
Die Verwechslungsgefahr wird aber auch durch andere Gesichtspunkte beeinträchtigt. So kann zum Beispiel die geschützte Ware oder Dienstleistung der streitigen Marken so weit auseinanderliegen, dass eine Verwechslung schlechthin ausgeschlossen ist. Dies kann dazu führen, dass selbst bei Zeichenidentität konkurrierende Marken ohne Rechteverletzung nebeneinander bestehen. Eine solche Koexistenz wäre aber wohl ausgeschlossen, wenn es sich bei der einen Marke um eine berühmte Marke handelt. Zu beachten ist dabei, dass nicht schon jede Anmeldung in einer anderen Warenklasse eine Verwechslungsgefahr ausschließt. Beispielsweise hat einst ein Gericht entschieden, dass eine ähnliche Bezeichnung für Tabakerzeugnisse (Warenklasse 34) sehr wohl verwechslungsfähig mit einer Marke für alkoholische Getränke (Warenklasse 33) ist. In Ausnahmefällen kann es daher aber auch sein, das in identischen Warenklassen angesichts der völlig unterschiedlichen Dienstleistungen und Waren sowie der angesprochenen Verkehrskreise eine Verwechslung nicht möglich erscheint. Dies gilt vor allem für Klasse 42, in die die meisten Dienstleistungen fallen.

Sind Kennzeichen verwechslungsfähig, sind die Interessen der berechtigten Namensträger gegeneinander abzuwägen, wobei in erster Linie das Gerechtigkeitsprinzip der Priorität gilt. Dem muss sich bei einem Streit von zwei gleichnamigen oder ähnlichen Kennzeichen grundsätzlich auch der bekanntere Namensträger unterwerfen (BGH, Urteil vom 22. November 2001 - I ZR 138/99). Die unter Berücksichtigung des Prioritätsgrundsatzes durchzuführende Interessenabwägung führt dazu, dass sich die ältere Marke gegen die jüngere Marke durchsetzt. Es gilt hier der Grundsatz "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst", weswegen eine Marke frühstmöglich beantragt werden sollte. Oft kann in einem Markenstreit der Tag der Anmeldung wichtig sein, wenn es auch nur um einige Tage geht.

Kommt das Gericht zu der Ansicht, dass eine Warenbezeichnung oder sonstige Verwendung eines Kennzeichens bestehende ältere Kennzeichenrechte wegen Verwechslungsgefahr verletzt, so steht dem Zeicheninhaber ein Anspruch auf Unterlassung, bei Vorsatz oder Fahrlässigkeit auch auf Schadensersatz zu (§ 14 bzw. § 15 MarkenG).




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